Allgemeines zum Thema Eisschwimmen
Schon sehr lange gibt es die Tradition des Winterbadens. Gerade in der russisch-orthodoxen Kirche hat dies auch eine religiöse Bedeutung. Oftmals wird hierbei nur kurz ins Eiswasser gegangen und der Kopf wird nicht untergetaucht. In Westeuropa gibt es viele Veranstaltungen, die dieser Tradition entstammen, z.B. diverse Dreikönigsschwimmen.
Im Gegensatz zum Winterbaden versteht man unter Eisschwimmen das aktive Schwimmen einer bestimmten Strecke in Wasser <5°C.
Es gibt zwei internationale Verbände beim Eisschwimmen
International Ice Swimming Association
Stärker in Mittel- und Westeuropa vertreten Tendenziell stärkerer Wettbewerbscharakter Bestätigt die offizielle Eismeile
International Winter Swimming Association
Stärker in Nordeuropa vertreten
Mehr Teilnehmer, aber nicht ganz so wettkampforientiert
Beide Verbände wechseln sich jährlich mit dem Austragen der
Weltmeisterschaft ab.
Oftmals wird insbesondere dem Winterbaden ein gesundheitlicher Nutzen
zugeschrieben. Abhärtung soll die Anfälligkeit für Erkältungskrankheiten vermindern, wirklich gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse scheint es hier aber nicht zu geben. Außerdem soll ein verbesserter Schutz vor Entzündungen bestehen und direkt nach starker körperlicher Belastung die Regeneration verbessert und Muskelkater vorgebeugt werden („Eistonne“). Zusätzlich ist ebenfalls eine positive Wirkung auf die Psyche durch den Endorphinausstoß und die bewusste Kontrolle der körperlichen Reaktionen vorstellbar.
Körperliche Reaktionen und Abläufe beim Kontakt mit kaltem bzw. Eiswasser, gegliedert nach Verweildauer
Kälteschock
Tritt direkt beim Eintauchen in kaltes Wasser auf. Schon Temperaturen von unter 25 Grad können eine Kälteschockreaktion auslösen. Diese ist bei etwa 10 Grad am stärksten und nimmt bei niedrigeren
Temperaturen wieder ab. Üblich ist ein unfreiwilliger Atemzug gefolgt von Hyperventilieren, teils starker Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks, Zusammenziehen der Hautgefäße, Gefahr von
Herzinfakt, evtl. Panik und Orientierungslosigkeit, Dauer bis zu 3 Minuten. Die Kälteschockreaktion ist trainierbar, geübte Eisschwimmer haben das normalerweise in deutlich reduzierter Form.
Luftanhalten eingeschränkt
In kaltem Wasser ist Fähigkeit die Luft anzuhalten eingeschränkt. Oftmals wird sehr schnell auf 2er-Atmung übergegangen, während im Becken bei gleichem Tempo länger 3er- oder 4er- Atmung
geschwommen werden kann. Gerade bei längerem Gleiten nach der Wende bemerkt man ein schnelleres Atembedürfnis.
Starker Schmerz
Es kann zu starken Schmerzen in manchen Körperteilen kommen, insbesondere Gesicht, Nacken und Hände. Diese können auch schon wenige Sekunden nach dem Losschwimmen auftreten. Üblicherweise wird
der Schmerz mit der Zeit eher besser, „Durchbeißen“ ist also eine Möglichkeit. Mit fortgeschrittenem Kältetraining wird der Schmerz normalerweise geringer oder verschwindet ganz.
Schalenbildung
Der Körper beginnt, eine kalte äußere Schale und eine warme innere Schale auszubilden. Um die Rumpftemperatur aufrecht zu erhalten wird der Blutaustausch mit äußeren Bereichen eingeschränkt,
dadurch kühlen z.B. die Gliedmaßen stärker aus, da sie weniger mit Wärme versorgt werden, die Körpermitte kann aber länger warmgehalten werden.
Einschränkung motorischer Fähigkeiten und Leistungsfähigkeit
Durch das Auskühlen der Extremitäten geht die Leistungsfähigkeit und die Motorik zurück. Oftmals ist bei niedrigen Temperaturen von 3% Leistungsverlust pro Grad die Rede. Hinzu kommt, dass
Schwimmbewegungen nicht mehr so kontrolliert ausgeführt werden können. Gerade bei langen Distanzen berichten z.B. viele davon, dass sich die Hände nur noch wie „Klumpen“ anfühlen, eine bewusste
Koordination der Hand und Finger ist deutlich schwieriger.
Einschränkung psychische Leistungsfähigkeit
Auch die Leistungsfähigkeit des Gehirns wird mit zunehmender Kälteeinwirkung herabgesetzt. Der Schwimmer selbst hat das Gefühl, nicht mehr so schnell denken zu können und die Orientierung kann
eingeschränkt sein. Problematisch ist, dass ab einem gewissen Punkt evtl. nur noch automatisch weitergeschwommen wird und man nicht mehr klar realisiert, dass es zu viel ist.
Absinken der Rumpftemperatur
Die Rumpftemperatur sinkt erst nach längerer Zeit im kalten Wasser, vorher verhindert die Schalenbildung dies. Beim Eisschwimmen sollte dieses Stadium eigentlich nicht erreicht werden oder nur mit
einem geringen Absinken.
Afterdrop
Hiermit wird das Absinken der Körpertemperatur erst nach der Kälteeinwirkung verstanden. Dies passiert, weil der Körper beginnt, die Schalen zu öffnen und hierdurch kaltes äußeres Blut in den
Körperkern fließt. Diese Reaktion passiert umso stärker, je schneller man sich nach dem Eisschwimmen aufwärmt und birgt auch hier Gefahren für das Herz, da es plötzlich mit deutlich kälterem
Blut konfrontiert ist. Entsprechend wird nicht empfohlen, z.B. direkt in einen heißen Badezuber zu springen, sondern sich vorher langsam aufzuwärmen. Diese körperliche Reaktion ist auch der Grund,
warum man direkt nach dem Eisschwimmen normalerweise nicht zittert, aber nach 5-10 Minuten das Zittern recht heftig beginnen kann.
Equipment
Badekappe
Ohrenstöpsel (kaltes Wasser im Ohr kann den Gleichgewichtssinn stören)
Badelatschen (nasse Füße auf gefrorenem Untergrund sind nicht angenehm)
Bademantel oder besser spezieller Wärmemantel
Für danach eher zu warme Kleidung, insb. warme Schuhe und Handschuhe
Heißer Tee
Wird nicht generell empfohlen, kann aber hilfreich sein:
Flasche mit heißem Wasser für Hände und Füße
Trainingstipps
Sicherheitsregeln
Niemals alleine ins Eiswasser gehen, am besten bleibt jemand außen, der im Notfall Hilfe leisten/holen kann.
Auch an Stellen wo man noch stehen kann, kann man gut trainieren und hat mehr Sicherheit. Man kann also auf ein „Rausschwimmen“ im See verzichten und bleibt besser in Ufernähe.
In offenen Gewässern Schwimmboje benutzen.
Im Winter wird der ein oder andere sicherlich auch mal bei Dunkelheit
trainieren wollen, da man als Berufstätiger oftmals gar keine andere Möglichkeit hat. In diesem Fall eine Taschenlampe in Schwimmboje um sofort als Schwimmer gesehen zu werden. Bei Leuten die nachts irgendwo ins Wasser steigen wird sonst schnell anderes vermutet.
Nie an Grenzen gehen, immer noch eine „Reserve“ behalten. Oftmals merkt man erst danach, wenn es zu viel war.